Ein Statement der AG Menschen mit Behinderungen in der SPD – Selbst Aktiv im Land Bremen
Die Corona-Krise hat gezeigt, die Teilhabe der Menschen mit Behinderungen ist noch lange nicht eine Selbstverständlichkeit in unserer Gesellschaft. So wurden beispielsweise die Pressekonferenzen des Bundes oder einiger Bundesländer anfangs nicht in Gebärdensprache übertragen und die lebenswichtigen Informationen nicht in einfacher und verständlicher Sprache veröffentlicht. Erst nach erheblichem Druck von Verbänden, Organisationen und Protesten Betroffener, in Bremen auch mit der parlamentarischen Anfrage der SPD-Bürgerschaftsfraktion vom 10. März 2020, haben sich die Regierungen dazu durchgerungen, ihren Verpflichtungen bei den Liveübertragungen nachzukommen, die Redebeiträge wurden endlich auch in Gebärdensprache übertragen. Informationen in einfacher Sprache wurden dankenswerter Weise durch Eigeninitiativen von Verbänden online zur Verfügung gestellt.
Unmöglich erscheint uns der Gedanke, Menschen mit Behinderungen, die ja offensichtlich wegen Vorerkrankungen und schwachen Gesundheitszuständen eine Risikogruppe für COVID-19 sind, isolieren zu wollen und somit noch weiter von einer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu isolieren. Alles unter dem absurden Vorwand somit weitere Infektionen isolieren bzw. verhindern zu können. Wie kann man so etwas auch nur in Gedanken fassen? Fast 10 % der Bevölkerung gelten als behindert!!
Hat sich mal jemand Gedanken darüber gemacht, was mit den Menschen, die in den Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) beschäftigt sind, geschieht, die wegen den aktuellen Einschränkungen nicht arbeiten dürfen und somit auch ihr „Taschengeld“ in Höhe von ca. „stolzen“ 180,- € im Monat nicht bekommen? Für viele Menschen mit Behinderungen stellt dieses Entgelt das einzige Einkommen dar über welches sie frei verfügen können. Nun gibt es leere Taschen, niemand sorgt für ein Ersatzentgelt.
Körperliche Nähe für Assistierende, absolut notwendig, aber wie vermeidet man eine eventuelle Ansteckung und da ist es vollkommen egal wer wen anstecken könnte. Viele Menschen mit Behinderungen sind auf Assistenz angewiesen. Wer bezahlt Ausfälle, wie wird Assistenz im Krankenhaus, eventuell auf Isolierstation ausgeübt, wer trägt welche Verantwortung? Assistenten sind keine Pfleger! Vieles ist einfach nicht geregelt.
Schon mal überlegt, wie man einen Menschen mit Sehbehinderungbegleitet? Anfassen oder Nähe ist für „Fremde“ nicht erlaubt. Soll der Mensch allein schauen, wie er über die Straße kommt oder sich nur in Schutzbekleidung bewegen oder schließen wir ihn einfach für die Zeit, egal, auch monatelang, einfach in sein Zuhause ein?
Kinder werden nach und nach alle wieder in die KiTas oder zur Schule gehen. Schulbegleiter müssen auf „Tuchfühlung“ begleiten aber auch gleichzeitig die notwendige Distanz einhalten. Wie soll das gehen? Die Folgen von „Corona“ dürfen nicht zu Rückschritten bei der Inklusion in Kindertageseinrichtungen und Schulen führen!
Wir laden alle Verbände, Organisationen, Betroffene und Betreuer, Assistenten und Unterstützer dazu auf, die Probleme, die innerhalb der Corona-Krise für Menschen mit Behinderungen entstanden oder durch dies ersichtlich geworden sind, zu sammeln und zu melden. Gemeinsam müssen wir dann die Probleme auswerten und dafür Lösungen finden. Es ist wahrscheinlich, dass es auch in der Zukunft Krisen geben wird und wir müssen Prävention betreiben, Vorsorge treffen und Rücklagen bilden.
Und zu guter Letzt müssen wir für eine gesellschaftliche Teilhabe sorgen, die den Namen und im Inhalt es wert sind.
Selbst Aktiv Bremen unterstützt die Initiativen des Arbeitskreis Bremer Protest gegen Diskriminierung und für Gleichstellung behinderter Menschen
#BremerProtest #InklusionJetzt
Arbeitsgemeinschaft Menschen mit Behinderungen in der SPD – (Selbst Aktiv)
Udo Schmidt (Landesvorsitzender)
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28195 Bremen
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